Stellungnahme des Präsidenten der Schweizer Bischofskonferenz zum offenen Brief von Frauen gegen die KVI an die Kirchen

Die Bischofskonferenz dankt für den offenen Brief und freut sich, dass er zu Respekt und Fairness aufruft. Persönliche Verunglimpfungen, schon gar nicht im Namen des christlichen Glaubens, haben tatsächlich nichts in einem Abstimmungskampf zu suchen. Man spürt, dass die Frauen verletzt sind, und in dieser Perspektive kann man den Brief gut verstehen. Ob es angemessen ist, dass das Schreiben in ein allgemeines Kirchen-Bashing ausufern muss, mögen die Unterzeichnerinnen selbst beurteilen. Pauschale Anschuldigungen dienen nicht der sachlichen Auseinandersetzung.

Zentrale Institutionen der katholischen Kirche sind die Bistümer und die Bischofskonferenz. Die Vorwürfe gegen diese sind samt und sonders unhaltbar und freie, wohl abstimmungstaktische Erfindung von Kreisen, die die Initiative bekämpfen. Die Kampagne für die Initiative ist weder eine kirchliche Kampagne der Bistümer und der Bischofskonferenz noch wird sie von uns finanziell unterstützt. Wir Bischöfe haben keine einzige Predigt angeordnet und nie behauptet, es gäbe nur einen einzigen Weg, christliche Grundsätze zu verwirklichen. Wir haben niemandem ein unethischeres Weltbild unterstellt oder gar behauptet, gewisse Gläubige seien weniger gute Christinnen und Christen. Wir haben niemanden angeprangert oder persönlich verunglimpft. Wir haben weder eine Kampagne organisiert noch bezahlt noch unsere Schweizer Unternehmen unter Generalverdacht gestellt. Im Gegenteil appelliert die Bischofskonferenz an die Freiheit der Einzelnen und schreibt in ihrem Communiqué vom 8. Oktober 2020: «Die Beurteilung der politischen Abstimmungsfrage ist dem Sachverstand der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger anheimgestellt. Sie sind ihrem eigenen Gewissen verpflichtet».

Landeskirchlich ist die Kirche nach dem Willen der jeweiligen kantonalen Gesetzgebung föderalistisch und demokratisch organisiert. Die Bistümer erheben keine Kirchensteuern. Über die Verwendung der Mittel entscheiden nicht die Bistümer, sondern die vom Volk demokratisch gewählten Behörden. Wenn man damit nicht einverstanden ist, muss man sich dort in den demokratischen Prozess eingeben. Das wäre sachgemäss. Natürlich kann man als gute Christin oder guter Christ Nein stimmen. Man kann aber auch als gute Christin und guter Christ Ja stimmen, und zwar dann, wenn man zur Einsicht gelangt, dass der in der Initiative vorgeschlagene Weg realistisch ist und den beabsichtigten Zielen dient, darunter auch dem guten Ruf der Schweizer Wirtschaft, die ihn verdient.

Freiburg, 7. November 2020

Bischof Felix Gmür, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz